alte Maschine auf ABS-Bremssystem umrüstbar?
Moin Kollegen,
hatte kürzlich auf regennasser Spur ein Erlebnis besonderer Art mit meiner Shadow VT 500 C Baujahr 1985: fuhr im dichten Verkehr auf der dreispurigen B27 in Stuttgart Rich- tung LB längs. Auf dem Teilstück geht es abschüssig nach unten, ein paar Ampelanlagen sind wg. hohen Verkehrsaufkommens mit Staubildung zwischengeschaltet. Während alle Dosen um mich herum bei Rot hielten, hatte ich richtig Dusel! Vor mir war keiner, hatte freie Fahrt auf meiner Spur. War direkt langsam unterwegs, mit ca. 40 km/h, sah von weitem die Ampel von Gelb auf Rot wechseln, hatte genügend Zeit zu bremsen.
Das Moped kam sofort ins Schlingern, ging problemfrei bei Rot "über die Ziellinie", wurde gut von mir abgefangen und ausbalanciert, kam jedoch erst weit hinter der Ampel zum Stillstand: meine Bereifung ist noch weit im "grünen Bereich", und ich fahre seit vielen Jahren mit ner Stahlflex-Bremsleitung zwecks verbessertem Druckpunkt. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, hätte vor mir bereits ne Dose bei Rot angehalten :-(((
Deshalb meine Frage: Lässt sich das Bremssystem auf ABS umrüsten, was wäre erforderlich ausser nem Haufen Kohle? Für Antworten bedanke ich mich schon mal. LzG Jayjay
4 Antworten
Auch auf die Gefahr hin, mich und ander zu wiederholen: technisch möglich ist fast alles.
Die Frage ist nur, lohnt es sich und funktioniert es auch.
Lohnen tut es sich auf keinen Fall, weil der Aufwand in keinem Verhältnis zum Erfolg steht.
Ob es funktioniert ist außerdem sehr fraglich, weil die Steuerungslogik sehr tief eingreifen muß.
Was sagt der TÜV dazu? Es ist ein elementarer Eingriff in ein sicherheitsrelevantes Bauteil (die Bremse). Eigenbauten werden sicher grundsätzlich nicht abgenommen. Bereits zugelassene Bauteilöe sind schwer zu adaptieren und auch da scheint der Segen des TÜV sehr ungewiß.
Wenn du wirklich sehr viel Wert auf ein ABS legst - spare dir das Geld für den Umbau auf, verkaufe deine Maschine und kaufe dir eine gute Gebrauchte mit ABS.
Das mit dem Intervallbremsen ist so eine Sache. Bei Autos in der Vor-ABS-Ära war es für geübte Fahrer durchaus segensreich - manchmal.
Mit dem Motorrad kann ich vor dieser Technik nur warnen.
Wenn du noch genug Zeit, Reststraße und Grip hast, dann ist sie unnötig und verlängert nur den Bremsweg. Wenn das Vorderrad aber überbremst ist und am Rutschen, dann hast du den "point of no return" schon überschritten und bis am Abflug.
Vor einem Umweg übers Krankenzimmer bewahrt dich nur vorausschauendes Fahren, genaues Beobachten des Straßenzustandes und rechtzeitiges, gefühlvolles Bremsen mit BEIDEN Rädern.
Ein wichtiger Punkt ist, dass du dir als Motorradfahrer schleunigst die gefährliche Unsitte des "progressiven" Bremsens abgewöhnst.
Progressives Bremsen bedeutet, dass du langsam anfängst zu bremsen, immer stärker bremst und erst dann, wenn es schon fast zu spät ist, voll in die Eisen steigst. Auf rutschiger Fahrbahn hast du also an der ungünstigsten Stelle die größte Verzögerung.
Richtig ist: so lange du noch guten Grip hast, möglichst keine Schräglage, und volle Kontrolle über das Fahrzeug - hart bremsen und dann, wen die Situation kritischer wird, die Bremsen mit Gefühl langsam lösen.
Mit den modernen Bremsassistenten versuchen die Autohersteller ihren Kunden diesen Blödsinn abzugewöhnen. Bei mir ist das ungünstig, weil ich durch meine degressive Bremserei den Assistenten manchmal auslöse, obwohl er nicht nötig wäre.
Herzlichen Dank für die wissenswerten Ratschläge, Helmut! Es gibt viel zu tun, um die verschiedenen Bremsmanöver in der Praxis anzuwenden; villt. ergibt sich mit der Zeit eine Art Automatismus bei der jeweiligen Situation.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch allen anderen Bikern für die zahlreichen und sehr informativen Beiträge danken: bringt mir enorm viel! Viele Grüsse an alle, Jayjay ;-)
Kann ich mir kaum vorstellen - müsste ja das Bremssystem und die Elektrik für das Mopped neu erfunden werden ... ... was ich mir vorstellen könnte wär höchstens, dass ein Modell das es eh optional mit ABS gab ggf. für geld und gute Worte umgerüstet werden kann und der tüv den Segen gibt...
(Könne mir auch vorstellen, das die Hersteller da kein Interesse daran hätten - man will ja auch die neuen verkaufen ...) ...aber ich werd mal googel quälen: Wenn's das gäbe, würd es ja auch angeboten - und ggf. nachgefragt wie geschnitten Brot ;).
Gab hier wohl auch schon Fragen zu dem Thema... z.B.
http://www.motorradfrage.net/frage/bei-motorrad-abs-nachruesten-moeglich
sieht nicht so gut aus mit Aufrüstung für dein Möpp
stimmt...da bin ich gar nicht drauf gekommen heut Nacht...eine Frage wie diese muss schon früher gestellt worden sein...ne Mütze voll Schlaf hätte villt. doch was gebracht...naja.
hm, kann ich mir wohl abschminken...dieselbe Frage beträfe nämlich die XT 600, mit der ich übern Winter fahren will - same procedure but the other bike...Mist!
Lustig...du bist bereits auf und gibst mir ersten Rat auf meine Frage <--> während ich noch auf bin...und bis vorhin für deine Frage recherchierte bzw. dann die Antwort schrieb.
Jetzt is also Schichtwechsel angesagt, tomtom...aber noch ist der Morgen jung, meine Energie ungebrochen...und ausserdem ham wir Sonntag... den Motorrad-göttern (Göttinnen ?) sei Dank. Danke dir für die Antwort, Gruss Jan ;-)
Leider nicht möglich, kann dir nur noch einen Tipp geben, nachdem bei meiner Blade das ABS mal eine Zeit lang völlig abgestellt war*: gewöhne dir an, am Anfang der Bremsung hinten sofort mitzubremsen, dann hast du diesen Moment vorne nicht, wo man erst etwas weicher bremsen musst um die Gabel einzufedern und kannst vorne gleich kräftiger reinlangen. Habe das extra eingeübt und dabei ist mir auch aufgefallen, dass die Stoppie-Neigung deutlich reduziert war. (jedenfalls bei der Blade, du dürftest das Problem ja nicht so stark haben ;-) )
- "*" hatte Luft im System und das ABS hat sich völlig unkalkulierbar in den blödesten Momenten einfach abgeschalten, man hatte für etwa eine halbe Sekunde gar keine Bremswirkung, , deswegen hatte ich es völlig deaktiviert (Sicherung gezogen). Jetzt ist alles wieder OK, ist aber schon ein blödes Gefühl ohne ABS (wenn man's gewöhnt ist)
Ja stimmt, zugegeben: die Verhältnisse der Leistungsentfaltung bis zur maximalen Geschwindigkeit liegen zwischen. einer Fireblade und einer Shadow ungefähr so weit auseinander wie die Sonne vom Mond ;-))
Finde, du hast das sehr praxistauglich beschrieben, fritzdacat! Sobald die Shadow wieder startklar ist, wird diese Bremstechnik bei trockener und nasser Fahrbahn einstudiert. Es kann ja nicht angeh'n, bei ein bisschen Nass aufs Mopedfahren zu verzichten. Vielen Dank für die Antwort, Gruss jj
Wollte die Shadow und die Blade nicht von der Leistungsentfaltung her "auseinanderdividieren" , mein Focus war auf der Gewichtsverteilung, bei der Blade geht das Hinterrad eher mal in die Höhe, das erlebt man bei der Shadow wohl eher selten :-)
Bei der Blade geht das Hinterrad eher in die Höhe, wenn du wieder reichlich Katzenfutter im Tankrucksack verstaut hast, gelle?
Ist angekommen, verstanden und gut 'verschnürt' neu umgepackt auf dem Moped: das Heck bleibt auch bei vollem Tritt in die Klötze unverändert in Position. Man könnte auch von guter "Bodenhaftigkeit" sprechen ;-)
Wie schon beschrieben ist ein Einbau von ABS fast unmöglich. Nicht der technische Teil, sondern der "Bürokratische". ---
Aber mal ehrlich: Das ABS ist eine prima Sache. Es werden aber dem ABS "Wunder" zugedichtet, die jenseits der physikalischen Gesetzen liegen. Das ABS habe ich in der Dose nur sehr selten gebraucht. Es hat es mir auf der Autobahn schon zweimal das Leben gerettet, weil mein Auto noch lenkfähig war. Das auch nur, weil der Untergrund Gripp hatte. Was ist, wenn kein Gripp mehr vorhanden ist? Das war in Deinem Fall sicher so. Das ABS macht ein Fahrzeug gegebenenfalls "lenkfähig" weil es das Blockieren verhindert. Es kann bei nasser Fahrbahn schon Vorteile haben (Interwallbremsung). Keinesfalls bremst es, wenn die Reifen keine Haftung mehr haben. Bei meinem "Abflug" auf der Ölspur hätte ABS auch keinen Sinn gehabt. Ich bin dem ABS gegenüber sehr positiv eingestellt, aber "Wunder" vollbringen kann es auch nicht. Das kann oft nur der Mensch, der das Fahrzeug bedient. Gruß Bonny
Sehr gut beschrieben, Bonny! Ausserdem zeigst du die Grenzen des Systems auf --> und oft genug geht es bei Erlebnissen auf der Strasse genau um grenzwertige Situationen: wo kein Gripp ist, greift eben weder ABS noch die herkömmliche Bremsanlage. Für jede andere Lage gilt dann die Beherrschung der Intervallbremstechnik, siehe fritzdacat's Anleitung. Mit nem Gruss nach Berlin, Jan ;-)
Und ich denke, für deine geschilderte Position hätte ABS auch nichts verhindert. Ich hab das so verstanden, dass einfach kein Grip da war. Da hätte dir das ABS zwar verhindert, dass der Reifen wegschmiert, aber ob du jetzt mit ABS vor der Ampel stehen geblieben wärst ist ein anderes Kapitel.
Ich habe selbst ABS (leider nicht abschaltbar) und mir hat es 1x geholfen und mind. 3x fast einen Abflug verursacht. Das war noch so ein "billiges" ABS, welches andauernd geregelt hat, obwohl Grip ohne Ende da war. Wenn du das nicht weist und eher dazu neigst, einen späten Bremspunkt zu wählen schaust du erstmals dumm aus der Wäsche, wenn dir das ABS die Bremse aufmacht…
Bei meiner Neuen ist das zum Glück nicht mehr so. Aber ich sehe fürs ABS eig. nur im Stadtverkehr einen Sinn. Da kommt man IMHO sehr oft in brenzlige Situationen, die man nicht selbst erzeugt hat. Da könnt ich mirs vorstellen. Aber egal ob Regen oder Topgrip bei trockener Straße, auf Pässen, Landstraßen usw hab ich noch keine Verwendung gefunden.
Wobei, wenn man zb. die Bremsen div. aktueller Sportler nimmt… da könnte ich mir vorstellen, dass ein "schreckankern" der Bremse bei zb. 100kmh nicht lustig ist. Zumindestens dann, wenn der Körper noch nicht auf den Bremsvorgang bereit ist.
Das ABS sollte sowieso nur als Backup dienen und nicht anders. Gedanklich sollte man wissen, dass min in Notsituationen dem ABS-System angemessen bremsen könnte/sollte, aber das eig. Fahren sollte nicht beeinflusst werden.
Aber das ist meine eigenwillige Meinung. Aber ABS soll ja das Wunder für das Motorrad sein und es könnten so viele Unfälle vermieden werden...
Klasse geschrieben und formuliert, RosineAUT - du bringst den Sinn und Nutzen des ABS genauso klar zum Ausdruck wie die Begrenztheit des Systems. Für mich ist dein Artikel mit Standpunkten sehr lehrreich, bin nämlich noch nie mit einer Maschine gefahren, die dem heutigen Stand der Technik entspricht ;-D --> kommt aber noch, vielleicht schon demnächst..grins.
Genau wie du vermutest, so war es auch: Lag zwar kein Laub auf der Spur, aber der nasse Unterboden hat sich meines Erachtens mit dem bereits vorhandenen "Belag" drunter hübsch vermischt...mir kam es so vor, als bewege sich das Moped samt dem Fahrer auf purer Schmierseife!! Gruss JJ ;-)
Klarer Fall ist, dass ich mir den Gedanken abschminke, Helmut. So wie Bonny es beschreibt, hätte ABS im gehabten Fall auch nichts genützt: ohne Haftung der Reifen auf dem Asphalt geht nun mal nichts. Also stelle ich mich auf diese Situation ein und übe sowohl die Intervalltechnik als auch das gleichzeitige Betätigen der VR- und HR-Bremse. Gute Antwort übrigens, vielen Dank! Gruss JJ